It’s now – nicht nur für die Janina Kugels unter uns, sondern für alle!

Sie zählt zu den einflussreichsten Frauen Deutschlands. Als ehemalige Personalvorständin der Siemens AG und jetzige Senior Advisorin legte sie eine beeindruckende Karriere hin. Als Mutter von Zwillingen kennt sie schlaflose Nächte und die Münchner Taschengeldtabelle. In ihrem kürzlich erschienen Buch „It’s now“ meldet sich Janina Kugel zu Wort – nicht nur als Top-Managerin, sondern vor allem als Mensch. Ein Buch für alle, die Neues wagen wollen.

Janina Kugel: It’s now. Erschienen im Ariston Verlag.

Veränderung – mit oder ohne uns

Der voranschreitende Klimawandel, die Digitalisierung unserer Arbeits- und Lebenswelt, gesellschaftlicher Wandel – das Grundthema ist dasselbe: unsere Welt verändert sich – mit und ohne unser Zutun. Davon ist Janina Kugel überzeugt. In ihrem Buch erinnert sie eindringlich an diese Tatsache und räumt ein für allemal mit dem Trugschluss auf, dass wir Veränderungen verhindern könnten, indem wir den Kopf in den Sand stecken. Vielmehr ruft sie jede/n einzelne/n dazu auf, sich der Zukunft zu stellen und richtungsweisende Entscheidungen nicht einer elitären Gruppe zu überlassen:

„Wenn wir die Entwicklungen einflussreicher Technologien einer elitären, homogenen Gruppe überlassen, riskieren wir KI-basierte Maschinen, die Menschen diskriminieren.“

Wenn wir wenig zukunftsorientierte Maßnahmen unserer Regierungen stillschweigend hinnehmen, haben wir die Konsequenzen zu tragen. Wenn wir nicht endlich lauter werden in unseren Forderungen für mehr Bildung und Kinderbetreuung, werden wir der weiteren Spaltung der Gesellschaft zusehen und mit dem Gender Gap auch in Zukunft leben müssen. Ob wir glühende Aktivisten/innen werden müssten um die Zukunft zu gestalten? Nein: Wir könnten die Zukunft ruhig auch weiterhin etwas spooky finden, beruhigt Janina Kugel. Die Veränderung umarmen, müssten wir aber trotzdem.

Das ist das Mindset. Gewohntes aufgeben, sich einlassen auf die Zukunft, auf all das was kommt.

Kinder, Karriere und keine Ahnung vom wirklichen Leben?

„Die hat gut reden.“ Janina Kugel wird mit diesem Vorurteil immer wieder konfrontiert. Als Top-Führungskraft habe sie nicht nur die entsprechende Bühne, sondern auch das nötige Kleingeld um Rahmenbedingungen zu optimieren, so die Kritiker. Das mag zum Teil stimmen. Die Bereitschaft zur Veränderung nährt sich allerdings weniger am sozialen Status als an diesen drei Komponenten: an Mut, an der Bereitschaft zu verzichten und am Willen für seine Bedürfnisse einzustehen. Diese Tatsache wird an Kugels Geschichten deutlich und ist eine der wichtigsten Botschaften dieses Buches.

„Meine Herren, ich muss jetzt leider für einen Moment unterbrechen. Ich muss abpumpen.“

Eine Aussage wie diese erforderte auch von einer Janina Kugel Mut und Entschlossenheit. Vor allem aber steht dahinter eine Haltung, die die Verantwortung für die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse bei sich selbst sieht: „Nur wer offen damit (Anm.: mit seinen Bedürfnissen) umgeht, kann vom Rest der Gruppe Rücksicht erwarten.“ So anders oder elitär die Situation von Frau Kugel in einigen Lebensbereichen auch sein mag: Am Ende des Tages musste und muss auch sie für ihre Bedürfnisse aufstehen und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen.

Jede Mutter weiß, dass kein/e Babysitter/in, keine Haushaltshilfe und kein/e Chauffeur/se die Aufgaben einer stillenden Working Mum so unterstützen können, dass am Ende nicht ein „sauanstrengender“ Alltag für die Mutter übrig bleibt. Ebenso wenig konnte ihr ein optimiertes Netzwerk die Enttäuschung ihrer Tochter ersparen, wenn sie es wieder einmal nicht zum Vorspielabend schaffte. Janina Kugels Entscheidung für Karriere und Kinder hatte ihren Preis. Die ungeschönte Darstellung ihrer Situation als Working Mum ist es, die eine Identifikation mit Janina Kugel auch für nicht Top-Führungskräfte möglich macht. Unabhängig davon, ob man ihr persönliches Lebensmodell begrüßt oder nicht, ist Janina Kugels Stimme ermutigend. Selbst wenn es nur darum geht, sich zwei Stunden pro Woche für eine online-Fortbildung rauszuschlagen um damit die persönliche Weiterentwicklung zu fördern.

Rahmenbedingungen, die niemanden zurücklassen

Dass Janina Kugel aber trotzdem am Hügel tanzt, ist auch klar. Mit diesem Buch nutzt sie diese Position. Sie rüttelt auf und zeigt mit Geschichten, dass es anders geht. Das wirklich Gute dabei: Janina Kugel bleibt nicht beim Kritisieren und Aufzeigen hängen. Sie teilt ihre Erfahrungen und das, was sie im Zuge ihrer beruflichen und privaten Reisen lernen durfte: „Es gibt viele Länder, die es besser machen“, stellte sie dabei fest und leitet davon konkrete Vorschläge zum Beispiel im Bereich der Arbeitszeit- oder Steuerregelung, dem Elterngeld oder im Bereich der Aus- und Weiterbildung für Deutschland ab.

FAZIT: Es war wohl keine Frage mangelnder Alternativen, warum Janina Kugel selbst am Cover ihres Buches zu sehen ist. Auch ich kaufte das Buch wegen Janina Kugel. Beim Lesen des Buches geschah allerdings etwas Interessantes: Ich konnte mich selbst dabei beobachten, wie mir die Autorin mit jeder Seite nahbarer und sympathischer wurde. Während ich Janina Kugel zu Beginn des Buches einige Einblicke in das alltägliche Leben nicht zugestehen wollte, lernte ich sie zusehends als Frau und Mutter kennen. „We are all biased“, sagte Janina Kugel einmal in einem Interview. Eine Tatsache, die ich mir beim Lesen des Buches wieder eingestehen musste.

Identifikation erlaubt Janina Kugel durch eine verständliche Sprache, die zum großen Teil auf Managementfloskeln verzichtet und dadurch unmittelbare Augenhöhe mit den Lesern/innen herstellt. Trotzdem ist das Buch intelligent geschrieben und bietet neben den besagten konkreten Ideen auch aktuelle Inhalte und interessante Zusammenhänge, die mir noch nicht bekannt waren. Aufgelockert wird das Buch durch zahlreiche Stories aus Janina Kugels beruflichem und privatem Leben.

Dass „It’s now“ ein Buch für Führungskräfte und Menschen in gestaltenden Positionen ist, steht außer Frage. Für diese Zielgruppe hat Janina Kugel einige konkrete Vorschläge parat. Ich empfehle dieses Buch aber auch Lesern/innen, die die Karriereleiter nicht so hoch geklettert sind. Nicht nur, weil es gut tut, ein Buch einer starken Persönlichkeit zu lesen, sondern auch, weil die Autorin uns an unsere erfreuliche Lage erinnert, Zukunft mitzugestalten zu können. Dieses Privileg zu nutzen, dazu ermutigt sie. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Und sie verspricht: Das Gefühl, wenn man erkennt, etwas im Leben geändert zu haben, tut wahnsinnig gut.

„It’s now“ ist im Ariston Verlag erschienen. 256 Seiten, Gebundene Ausgabe, ISBN 978-3424202519

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